Mösslacher, Wilhelm
geboren am 28. Mai 1925 in Edling, Gemeinde St. Stefan im Gailtal/Štefan na Zilji
hingerichtet am 19. Mai 1944
Rehabilitation am 8. Juni 2005
Biographie auch nachzulesen im Buch “Ausgelöschte Namen – Die Opfer des Nationalsozialismus im und aus dem Gailtal” Seite 190ff
Wilhelm Mösslacher wurde als Sohn des Eisenbahnbeamten Josef Mösslacher (geb. 1898) und dessen Gattin Anna (geb. 1896) geboren. Die Familie wohnte im Bahnhofsgebäude von St. Stefan/Štefan, wo Wilhelm mit seinen Geschwistern Pauline, Eleonore und Josef aufwuchs. Eine Schwester, Johanna, verstarb mit zwei Jahren. Familie Mösslacher war katholisch. Der Landwirt Johann Wernitznig aus der Nachbarortschaft Dragantschach/Draganče hatte in der Nähe des Bahnhofes eine Wiese und weidete dort seine Kühe. Wilhelm war ihm dabei des Öfteren behilflich. Johann war ein Zeuge Jehovas und erzählte Wilhelm von der Bibel. Als seine Mutter davon erfuhr, war sie sehr dagegen und verbot dem Landwirt, mit Wilhelm weiter darüber zu sprechen.
Mit 15 Jahren ging Wilhelm nach Lienz und besuchte dort zwei Jahre lang die Handelsschule. Gegen den Willen seiner Mutter pflegte er auch dort Kontakt zu Jehovas Zeugen. Anschließend ging er noch ein Jahr in Villach zur Schule. „Er besuchte 11 Jahre lang die Volksschule, Haupt- und Handelsschule. Dann war er als Junghelfer bei der Reichsbahn beschäftigt. Er hat seine Mutter im Jahre 1944 durch einen feindlichen Terrorangriff verloren.“ (Feldurteil (nazistica!)) Seine Mutter fuhr damals zum Begräbnis ihrer Tante nach Klagenfurt. Am selben Tag gab es einen Bombenangriff auf den Stadtteil Annabichl, wo sich auch der Friedhof befindet.
Mit 18 Jahren trat Wilhelm aus der katholischen Kirche aus. Wahrscheinlich hatte er keine Möglichkeit mehr, sich als Zeuge Jehovas taufen zu lassen. „Nachdem er im katholischen Glauben aufgewachsen war, begann er im Jahre 1938 sich mit dem Studium der Bibel zu befassen, und bezeichnete sich als Zeuge Jehovas“ (Feldurteil). Seine Schwester Pauline beobachtete, wie sich Wilhelm auf das Gefängnis vorbereitete. Er schlief zeitweise nur auf einem Brett und aß mehrere Tage nichts. Seine Befürchtungen traten ein, als er am 27. Jänner 1944 zur Stammschwadron der Fahr-, Ersatz- und Ausbildungs-Abteilung 18 in Graz eingezogen wurde.
„Als er am 5.2.1944 zusammen mit einer größeren Anzahl anderer Rekruten vereidigt werden sollte, verweigerte er die Eidesleistung mit folgendem Hinweis: er sei ‚Zeuge Jehovas‘ und halte die Gebote Jehovas über Menschengebot, könne keinen Dienst mit der Waffe leisten und nicht auf Menschen schießen“ (Feldurteil).
Im April wurde Wilhelm nach Torgau an der Elbe überstellt. Die Anklagebehörde schrieb einen Brief an seine Familie. Darin wurde mitgeteilt, dass Wilhelm noch drei Wochen Bedenkzeit habe, um seine Einstellung zu ändern. Wilhelm äußerte den Wunsch, seine Familie noch einmal sehen zu können. Daraufhin fuhren seine zwei Schwestern Eleonore und Pauline nach Torgau. Sie erhielten am 20. und 21. April 1944 für jeweils 15 Minuten Sprecherlaubnis. Seine Schwester Pauline erinnert sich, dass Wilhelm mit Ketten an den Füßen vorgeführt wurde. Vorab war den beiden Schwestern gesagt worden, dass man ihren Bruder vor das Kriegsgericht gestellt und zum Tode verurteilt hatte. „Auf die Frage, ob er in Anbetracht des Todes seiner Mutter auf feindliche Terrorflieger schießen würde, hat er erklärt, er könne das nicht tun, sondern müsse die Flieger der Rache Jehovas überlassen“ (Feldurteil). Des Weiteren wurde den Schwestern mitgeteilt, dass das Todesurteil jederzeit aufgehoben werden könne, wenn Wilhelm widerrufen würde. So versuchten die beiden Wilhelm zu überreden, seine Meinung zu ändern. Er hatte sich jedoch für seinen Glauben entschieden und sagte ihnen, dass er den begonnenen Weg zu Ende gehen wolle. Am 5. April 1944 wurde Wilhelm vom Reichskriegsgericht wegen Zersetzung der Wehrkraft (§5) zum Tode verurteilt. Das Urteil lautete: „Wer seinem Volk in schwerster Kriegszeit den Wehrdienst hartnäckig und unbelehrbar verweigert, hat sein Leben verwirkt. Der Senat mußte daher trotz der Jugend des Angeklagten auf die Todesstrafe erkennen” (Feldurteil).
Am 19. Mai 1944 wurde Wilhelm in Halle an der Saale enthauptet. Er war zu diesem Zeitpunkt 18 Jahre alt. Bei Gesprächen mit älteren Bewohnern Feldurteil gegen Wilhelm Mösslacher aus dem Gebiet, die Wilhelm Mösslacher kannten, ist es allgemein bekannt, dass er um seines Glaubens willen sein Leben verlor.
Gerti Malle
Quellen
* Reichskriegsgericht, 2. Senat 25/44, StPL (RKA) III 73/44, Feldurteil, Torgau 12. April 1944 (Militärhistorisches Archiv Prag).
* Viebig: Das Zuchthaus Halle/Saale, S. 211.
* Fragebogen vom 20. Dezember 1945, ausgefüllt von Eleonore Mösslacher.
* Erinnerungsberichte der Geschwister Pauline Wilhelmer (geb. Mösslacher) und Josef Mösslacher.
* Malle: Wilhelm Mösslacher, ein NS-Opfer aus dem Gailtal, S. 192f.
* Malle: „Für alles bin ich stark durch den, der mir Kraft verleiht“, S. 120f.